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Baltische Welle

Deutsche Fragen über Russland

Schaue ich ins Internet, so sehe ich täglich mehr Beiträge über deutsche Aussiedler, die irgendwo im großen russischen Land für sich einen neuen Lebensmittelpunkt geschaffen haben. Und diese Deutschen bekommen Besuch von anderen Deutschen und erzählen von ihrem Leben in Russland. Jeder sammelt seine Erfahrungen und tauscht diese mit anderen aus. Ob alle die gleichen Erfahrungen sammeln, ist allerdings fraglich, denn jeder Deutsche ist in seinem Verhalten individuell und subjektiv und jede russische Region hat eigene Vorstellungen zur Umsetzung der geltenden föderalen Gesetze und Spielregeln.

Ich lebe in Kaliningrad und glaube, mich hier ein wenig auszukennen. Im großen Russland kenne ich mich weniger aus und kann somit mit meiner Meinung nur mein Bauchgefühl widergeben und die Schlussfolgerungen die ich aus der Vielzahl von Informationen, die mich täglich erreichen, ziehe.

Immer wieder werden mir – ganz logisch – die gleichen Fragen, diktiert von Sorgen und Plänen für die Zukunft, gestellt.

· Würden Sie eine Übersiedlung nach Russland oder Kaliningrad empfehlen?

· Würden Sie den Kauf von Immobilien in Russland durch Ausländer befürworten?

· Ist mein Geld auf russischen Banken sicher?

· Wie kann ich Geld nach Russland überweisen?

Lassen Sie mich Ihnen ein paar persönliche Erfahrungswerte aus meinem 35 Jahren leben und arbeiten in der Sowjetunion/Russland mitteilen.

Nein, ich empfehle keinem Deutschen nach Russland auszuwandern, schon gar nicht nach Kaliningrad. Russland ist nicht das Schlaraffenland und auch nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Auch wir haben Gesetze, auch wir haben Politiker. Und wenn Sie dann noch Sprachprobleme haben, werden Sie hier nicht klarkommen. Die Sprache müssten Sie so gut beherrschen, dass Sie in der Lage sind, sich ein neues soziales Umfeld zu schaffen. Hier in Russland oder gar in Kaliningrad eine deutsche Diaspora zu schaffen, vielleicht sogar noch deutsche autonome Dörfer zu bauen, dürfte zum scheitern verurteilt sein. Die aktuelle Situation diktiert die Möglichkeiten und Notwendigkeiten.

Wie sich die Situation entwickelt, wissen wir nicht. Lassen Sie mich ein Beispiel erzählen.

Das Verhältnis Russland-Türkei war traditionell immer gut. Dann schoß die Türkei im Jahre 2015 ein russisches Militärflugzeug über Syrien ab. Es kam zu großen Verwerfungen und viele türkische Bürger, türkische Unternehmer, türkische Studenten haben Russland verlassen, haben alles verloren, was sie sich aufgebaut hatten.

Und nun schätzen Sie das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ein. Welche Empfehlung soll ich Ihnen denn geben, wenn Sie mich nach den Möglichkeiten für eine Übersiedlung fragen? Ich kann nur warnen, denn niemand weiß, welches „virtuelle“ Flugzeug Deutschland abschießen könnte.

Nehmen wir ein anderes Beispiel, auch im Zusammenhang mit der Türkei. Rund 154.000 russische Bürger sind im Jahre 2022 im Rahmen der Teilmobilmachung in die Türkei ausgereist und haben dort einen Aufenthaltstitel erhalten. Jetzt macht die Türkei diesen Russen Probleme und verweigert die Verlängerung der Aufenthaltstitel. Die Russen mussten das Land verlassen und im Mai 2024 befanden sich nur noch 96.000 Russen in der Türkei. Modifizieren Sie jetzt einfach diese Tatsache auf Ihre Anwesenheit in Russland.

Und welchen Rat soll ich Ihnen nun zu Ihren Übersiedlungsabsichten geben? Sich mit einem Plakat auf den Roten Platz zu stellen, wo draufsteht „Es lebe Russland“ wird Ihnen nicht helfen, wenn die Sicherheitsinteressen des Landes die Ausreise aller Ausländer erfordert, insbesondere aus so empfindlichen Gebieten wie dem Kaliningrader Oblast.

Was Ihre Immobilien in Russland angeht. Sind diese sicher? Nein, sind sie nicht! Sie sind genauso sicher oder unsicher wie die Immobilien, die russische Bürger im Ausland haben und die jetzt im Rahmen der Sanktionspolitik beschlagnahmt werden.

Der russische Präsident Putin hat Anfang Mai genehmigt, dass amerikanische Aktiva in Russland genutzt werden können, um Verluste russischer Bürger in den USA auszugleichen. So lange wie das Staatsvermögen eines Landes ausreicht, um Verluste für russische Bürger zu kompensieren ist es gut. Aber die Masse der Aktiva trägt privaten Charakter – also auch ihre nette Einraum-Wohnung, die Sie sich am Ostseestrand in Kaliningrad als Urlaubswohnsitz gekauft haben. Wenn der deutsche Staat dem amerikanischen Beispiel folgt, ist alles Ausländische in Gefahr.

In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die Europäische Union, also auch Deutschland begonnen hat, die Bankkonten der russischen staatlichen Behörde „RosZusammenarbeit“ und aller russischen Kulturzentren in der EU zu blockieren. Es interessierte niemanden in der EU, dass eine Vielzahl dieser Einrichtungen Diplomatenstatus trägt und somit eigentlich unberührbar sind.

Damit dürfte ich die Frage, wie sicher Ihr Geld in Russland ist, auch schon beantwortet haben. Auch Russland wird die Bankkonten europäischer staatlicher Einrichtungen blockieren und wird auch Privatkonten von Ausländern blockieren, wenn die Europäische Union dies mit Konten von russischen Bürgern tut.

Was also soll ich Ihnen antworten, wenn Sie mich fragen, wie sicher Ihr Geld in Russland ist – insbesondere, nachdem die westlichen Demokratien Russland bereits 300 Milliarden Euro internationaler Reserven der russischen Staatsbank gestohlen haben und jedes Jahr weitere drei Milliarden Euro Zinseinnahmen stehlen wollen.

Dann gibt es noch Gesetze in Russland, die ein Ausländer nur dann kennt, wenn er sie liest. Wer sie nicht lesen kann, kann sie auch nicht erfüllen. Und wie äußerte sich der Leiter der russischen Republik Krim Aksjonow vor wenigen Wochen:

„… wenn die Ausländer, die zu uns nach Russland kommen, unsere Gesetze und unsere Bürger nicht achten, so werden wir ihnen beibringen, wie man sie zu achten hat.“

Die Situation, die Einstellung zu Ausländern, insbesondere aus den Feindstaaten, hat sich erheblich geändert. Im persönlichen Gespräch in der Kneipe, auf der Straße oder im Hotel werden Sie es vielleicht nicht merken. Aber der russische Staat hat jetzt andere Vorstellungen von Ausländern.

Aksjonow, der Leiter der Krim, kommentierte noch ein wenig schärfer:

„Ausländer, die zu uns kommen, führen sich häufig wie Helden auf und spreizen die Finger ihrer Hand … naja, und so weiter. Wir werden Möglichkeiten finden, diesen Ausländern die Finger zu brechen – gar keine Frage. Und wir werden diese Leute weiter schicken … na, Sie wissen schon, eben weiter …“

Soweit zur Situation, wie man in der heutigen Zeit auf Ausländer schaut. Die Zeiten der russischen Toleranz gegenüber westlicher Überheblichkeit, sind vorbei.

Was also soll ich Ihnen antworten, wenn Sie fragen, ob ich eine Übersiedlung nach Russland empfehle, nur weil Sie mit einem Bundeskanzler oder den paar Millionen Migranten in Deutschland nicht mehr einverstanden sind?

Ach, und noch ein Nachsatz zum Geld, zu ihrem Geld. Einige haben ja schon Geld, für den Fall aller Fälle auf russischen Konten angelegt. Ich hoffe für Sie, dass es nicht die Raiffeisenbank war oder eine andere ausländische Bank, denn deren Möglichkeiten neigen sich dem Ende. Erst heute, Ende Mai, wurde durch die Raiffeisenbank mitgeteilt, dass man ab 10. Juni keine Dollarüberweisungen mehr vornehmen kann. Die Partnerbanken im freien Westen haben hier einen Riegel vorgeschoben. Mit dem Euro wird dies auch bald passieren. Und wie wollen Sie dann an Ihr hier geparktes Geld kommen? Ach so, ich hatte vergessen, dass Sie ja einen online-Zugang zu ihrem Bankkonto haben. Hoffentlich wird dieser nicht abgeschaltet.