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Baltische Welle

Die Philosophie von Erichowitsch

Philosophie ist nicht meine Stärke. Während des Studiums in Leningrad hatte ich einen Philosophielehrer Professor Doktor Doktor … Ich habe ihn trotzdem nicht verstanden. Aber ab und zu habe ich Lust zum philosophieren – allerdings auf dem Niveau eines Proletariers.

1995 bin ich nach Kaliningrad gekommen – von West nach Ost umgesiedelt. Bin ich deshalb Kaliningrader? Ich denke, nach fast 30 Jahren in dieser Stadt habe ich das Recht, mich als Kaliningrader zu bezeichnen.

Aber bin ich Russe?

Nein, auch nach über 34 Jahren Aufenthalt in Russland/Sowjetunion und dem Erhalt der russischen Staatsbürgerschaft, bin ich kein Russe und kann es niemals werden. Es ist biologisch einfach nicht möglich.

Aber bin ich dann wenigstens RusslandDeutscher?

Nein, auch das bin ich nicht, denn der ethnische Begriff „RusslandDeutscher“ ist an die Deutschen und deren Nachfahren gebunden, die vor 200, 300 Jahren nach Russland kamen.

Was bin ich dann?

Ich bin einfach nur ein russischer Neubürger deutscher Herkunft. Damit muss ich bis zum Ende meiner Tage leben. Denn es gibt keine neue deutsche Völkerwanderung, keine Massenflucht von Deutschen aus der sogenannten BRD nach Russland, aus denen man eine neue deutsche Diaspora mit irgendeiner neuen ethnischen Bezeichnung schaffen könnte.

Und wollen wir hoffen, dass es keine derartige Völkerwanderung Richtung Russland gibt. Russland braucht keine Diaspora, weder eine deutsche, noch irgendeine andere … so hörte ich es zumindest in den letzten Tagen in gesellschaftlichen Diskussionen um die anstehende neue russische Migrationsgesetzgebung.

Und wie ist das mit den Deutschen in Deutschland?

Wenn ein Westdeutscher nach 1990 in den Osten gezogen ist, ist er dann Ostdeutscher? Oder umgekehrt. Wenn ein Ostdeutscher nach 1990 in den Westen gegangen ist, ist er dann Westdeutscher?

Nein, in beiden Fällen „Nein“.

Und ich behaupte, dass wir in unseren Diskussionen korrekt unterscheiden und korrekt formulieren sollten. Was meine ich?

Eigentlich gibt es keine Ostdeutschen. Nach der aktuellen geopolitischen sprachlichen Formulierung, ist das Gebiet der ehemaligen DDR Mitteldeutschland. Bis 1990 sprach man in der Alt-BRD von „Ostdeutschland“ … zum einen, um seinen Alleinvertretungsanspruch zu demonstrieren und zum anderen, um den Stolz der DDR-Bürger auf ihr Land zu diskreditieren.

Nach 1990 verschwand der Begriff „Ostdeutschland“ für die ehemalige DDR. Man spricht jetzt von „Mitteldeutschland“. Also sind die ehemaligen DDR-Bürger heute Mitteldeutsche und nicht Ostdeutsche – richtig?

Und wo ist Ostdeutschland? Wo sind die Ostdeutschen?

Es gibt kein Ostdeutschland! Es gibt keine Ostdeutschen! Es gibt die ehemalige DDR. Und wenn wir von deren Bürgern sprechen, mit denen die Sowjetunion bis 1990 befreundet und verbündet war, dann sollten wir eben nicht von „Ostdeutschen“ und auch nicht von „Mitteldeutschen“ sprechen.

Dazu kommt, dass, wenn wir von „Ostdeutschland“ und deren Bürger sprechen, wir ja jetzt auch die einschließen, die nach 1990 von West nach Ost gezogen sind. Aber das sind – zumindest nach meinem philosophischen Verständnis – keine Ostdeutschen. Ich denke, gerade in der heutigen Zeit, sollten wir von einer spezifischen Identität der ehemaligen DDR-Bürger sprechen. Sie unterscheiden sich im Verhalten, im Denken und Handeln vom westdeutschen Michel.

Aber wie ich schon anfänglich sagte … Philosophie ist nicht meine Stärke.