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Baltische Welle

Kaffeefahrten zum Kauf einer russischen Aufenthaltsgenehmigung

Was nichts kostet, ist nichts wert – so ein Spruch, den man mir in Russland beigebracht hat, als ich verkündete, einige meiner Dienstleistungen in Kaliningrad kostenlos anzubieten. Das Leben hat mir gezeigt, dass dieser Spruch wirklich seine Daseinsberechtigung hat.

Zu früheren Zeiten, es sind schon zehn Jahre her, habe ich mich professionell damit beschäftigt, dass ich Ausländern geholfen habe, ihren Aufenthalt in Kaliningrad auf gesetzlicher Grundlage zu organisieren. Ich habe dies aber schnell wieder eingestellt. Drei Pilotprojekte hatte ich, wo ich Deutschen half, das Zeitweilige Wohnrecht bzw. die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Ich machte dies kostenlos, weil ich weitere Erfahrungen sammeln wollte, die mir dann beim professionellen Start helfen sollten, mit den deutschen Kunden, die für meine Dienstleistungen bezahlen sollten, den ganzen Ablauf perfekter zu gestalten.

Keiner dieser drei Testkunden ist in Russland geblieben. Sie haben die Dokumente entgegengenommen und sind dann abgereist. Es fiel ihnen leicht das Land zu verlassen, denn sie hatten ja nichts bezahlt. Hätten Sie bezahlen müssen, wäre der Entschluss, Russland zu verlassen, vielleicht doch etwas schwerer gefallen, denn wer will schon Geld bezahlen und dann keinerlei Gegenleistung nutzen.

Aber wieviel kostet das Zeitweilige Wohnrecht oder eine Aufenthaltsgenehmigung für Russland?

Vor wenigen Monaten habe ich meine Kenntnisse zum Erwerb dieser Dokumente aufgefrischt, denn es bestand hierzu die Notwendigkeit. Insgesamt hat die Person, der ich geholfen habe, 200 Euro bezahlt. 100 Euro hätte man sparen können, da die Hilfe einer anderen Firma eigentlich nicht nötig war. Die 100 Euro Kosten setzen sich aus den verschiedensten Gebühren zusammen, die man dem Staat, Übersetzern, Notaren und für medizinische Untersuchungen zu zahlen hat.

Dann traf ich wenig später einen Deutschen, der mir erzählte, dass er nach Kaliningrad umsiedeln will. Er habe bereits eine Wohnung in Kaliningrad gekauft und hoffe, dass Immobilienbesitz bei dem Antrag auf Zeitweiliges Wohnrecht bzw. dem Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung behilflich ist.

Ich musste ihn enttäuschen und erzählte ihm, was die wichtigsten Dinge sind, um diese Dokumente zu erhalten. Ich habe verstanden, dass er, genauso, wie viele andere Deutsche die nach Russland kommen wollen, überhaupt keine Vorstellung von der zu bewältigenden Bürokratie haben und von dem, was ich erzähle, auch nur die Hälfte verstehen. Russisch kann man nicht und kann somit auch nicht die Gesetze lesen, wo alles drinsteht. Ja, ich weiß, Gesetze lesen ist nicht jedermanns Sache, aber in diesem Fall unumgänglich.

Ach, wirklich, wirklich unumgänglich?

Ein anderer Deutscher erzählte mir, dass er einen Fachmann konsultiert habe, der sich mit den ganzen Feinheiten der Migrationsgesetzgebung auskennt. Für 8.000 Euro könne er ihm die Aufenthaltsgenehmigung verschaffen.

Ich war beeindruckt und rechnete schnell aus, wieviel Geld ich in der Vergangenheit verschenkt habe, als ich die Arbeiten kostenlos erledigte.

Wie kommt aber jemand dazu, 8.000 Euro zu fordern, wenn sich die Realkosten auf maximal 200 Euro belaufen. Klar, dass die Person arbeitet und natürlich Geld verdienen will. Aber 8.000 Euro?

Mir kam der Gedanke, dass von dieser Summe natürlich ein gewisser Teil eingesetzt werden muss, um „gewisse Probleme“ zu lösen. Und häufig geschieht dies mit ungesetzlichen Methoden. Mit anderen Worten, die teuer gekaufte Aufenthaltsgenehmigung ist defacto nichts wert, denn sie kann jederzeit entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass es Fehler oder Gesetzesverstöße zum Erwerb gegeben hat. Und wenn dann auch noch Schmiergeld gezahlt wurde – was der Deutsche natürlich nicht weiß und nicht erfährt – wird es noch schlimmer, denn er hat die Finanzen zur Verfügung gestellt, um Schmiergeld zu zahlen und macht sich damit straffällig.

Ich persönlich erzähle denen, die mich fragen und um Hilfe bitten, eigentlich immer stereotyp das Gleiche. Lernen Sie die Sprache, lesen Sie das Gesetz und machen Sie dann alles alleine. Gehen Sie durch alle Schwierigkeiten, machen Sie Fehler, korrigieren Sie diese Fehler auf gesetzlicher Grundlage und quälen Sie sich richtig … bis hin zur absoluten Verzweiflung und der temporären Erkenntnis, dass Sie wohl nie in den Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung kommen.

Sie kommen aber in den Besitz der Aufenthaltsgenehmigung. Sie müssen eben nur ein wenig mehr Zeit investieren. Sie lernen unheimlich viel dazu und sind letztendlich so gut qualifiziert, dass Sie eine eigene Unternehmensberatung in Russland für deutsche Migranten aufmachen können. Und vor allem haben Sie auf dem steinigen, schlammigen, glitschigen, sumpfigen Weg hin zur Aufenthaltsgenehmigung viele neue Bekanntschaften gemacht, die Ihnen zukünftig auch weiterhelfen, wenn es mal irgendwelche Probleme gibt … vorausgesetzt, Sie haben sich korrekt, höflich und nicht deutsch-arrogant verhalten.

Ich bin der Meinung, dass Sie 1.000 Euro in der Tasche haben sollten, wenn Sie sich auf die Socken machen, um die Aufenthaltsgenehmigung oder zuerst das Zeitweilige Wohnrecht zu erhalten. Das ist ungefähr das Fünffache dessen, was sie wirklich kostet. Aber es gibt ja Nebenkosten, die nicht immer vorhersehbar sind … auf keinen Fall sind dies aber Schmiergeldzahlungen. Zahlen Sie niemals und niemandem Schmiergeld. Auch die berühmte „Schokoladka“ sollten sie nicht der netten Mitarbeiterin beim Migrationsdienst geben.

Ich habe mir überlegt – rein theoretisch natürlich – wieviel ich denn fordern würde, wenn ich diese Dienstleistungen wieder anbiete. Ich würde keine 8.000 Euro fordern, sondern, so wie der Klempner, der in Deutschland gerade die Verstopfung im Klo meiner Mutter beseitigt hat … 100 Euro die Stunde.

Ist das ein guter Preis?

Für mich ja, denn meine Auftraggeber können nicht prüfen, wieviel Stunden ich unterwegs war. Und ich werde sehr viele Stunden unterwegs sein. Und dann tauchen auch noch plötzlich Probleme auf … wieder müssen Stunden gearbeitet werden, um das Problem zu klären … und kaum ist das geklärt … na, Sie verstehen was ich sagen will, meine lieben Leser und Zuschauer? Meine Dienstleistungen werden über 8.000 Euro kosten und letztendlich, wenn bei Ihnen das Geld ausgeht, werde ich nicht weiter für Sie arbeiten. Wer arbeitet schon kostenlos? Und Sie kommen zu der altbekannten deutschen Erkenntnis: „Außer Spesen nichts gewesen.“

Aber da Erichowitsch aus Kaliningrad keine derartigen Dienstleistungen anbietet, haben andere die Möglichkeit, sich dieses Geld zu verdienen. Und Sie sollten genau schauen, wem Sie ihr Vertrauen schenken.

Ich kann mich an Kaffeefahrten erinnern, wo Deutsche, in mehr oder weniger großen Bussen oder aber auch mit Individualtransport nach Kaliningrad gekarrt worden sind. Was hat man denen nicht alles erzählt. Das Geld saß locker und die Hoffnung, auf verlorene Königsberger Erde zurückkehren zu können – einem Gebiet, was früher oder später sowieso durch die NATO-Truppen befreit wird – war groß. Heute haben diese Leute alles verloren, denn diejenigen, die in der Vergangenheit diese Kaffeefahrten organisiert haben, haben alle für 25 Jahre Einreiseverbot nach Russland erhalten.

Aber, da bin ich mir sicher, gibt es sicherlich auch jetzt wieder Leute, die Kaffeefahrten nach Kaliningrad organisieren, um den Leuten die Übersiedlung nach Russland schmackhaft zu machen. Alles ist kostenlos und wenn Sie dann erstmal in der Dorfkneipe sitzen und ohne das Wohlwollen der Organisatoren diese nicht mehr verlassen können, stellen Sie fest, wie teuer doch diese kostenlose Kaffeefahrt war. Sie kaufen Dinge, die Sie nie haben wollten und die Sie auch nicht gebrauchen können.

Also, abschließend: Was nichts kostet, ist nichts wert. Augen auf bei Kaffeefahrten nach Kaliningrad.

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle meinen Beitrag beenden. Als ich mit einem Bekannten über diese Zeilen sprach, meinte dieser, dass ich doch noch ein paar Dinge erwähnen sollte, die diejenigen unbedingt wissen müssen, die sich für einen Aufenthalt in Russland entscheiden und hier Resident werden. Er meinte, dass die Deutschen Freiheit und Demokratie gewohnt sind und vielleicht geschockt werden, wenn sie nach Russland kommen und feststellen, dass wir auch Gesetze haben, unbequeme Gesetze und auch Rechtspflegeorgane, die die Einhaltung der Gesetze kontrollieren.

Also, mal in ganz kompakter Form einige der wichtigsten Dinge, die Sie erwarten, wenn Sie das Zeitweilige Wohnrecht bzw. die Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben:

Sie müssen sich mindestens 183 Tage im Jahr in Russland aufhalten. Tun Sie das nicht, wird das Dokument annulliert.

Sie müssen jedes Jahr schriftlich melden, in welchem Zeitraum Sie sich nicht in Russland aufgehalten haben (Ausreisedatum, Einreisedatum, Reiseziele).

Sie müssen dem russischen Finanzamt alle Konten melden, die Sie irgendwo außerhalb Russlands haben.

Sie müssen dem russischen Finanzamt bis 1. Juni eines jeden Jahres, rückwirkend für das vergangene Jahr, Finanzbewegungen auf all diesen Konten melden (Anfangsbestand, Zugang, Abgang, Endbestand).

Sie müssen eine russische Fahrerlaubnis erwerben. Ihre Deutsche verliert nach Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung nach sechs Monaten ihre Gültigkeit.

Sie müssen Ihr deutsches Fahrzeug ummelden. Es erhält ein russisches Fahrzeugkennzeichen, mit dem Sie die Europäische Union nicht mehr bereisen dürfen oder aber sich der Gefahr aussetzen, dass das Fahrzeug beschlagnahmt wird.

Sollten Sie zwei Gesetzesverstöße begehen, besteht die Gefahr, dass Ihnen die Aufenthaltsgenehmigung oder das Zeitweilige Wohnrecht entzogen wird (z.B. bei Rot über die Kreuzung gehen, Jahresmeldung an die Migrationsbehörde vergessen)

Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit. Tschüss und Poka aus der Blockadestadt Kaliningrad.