Der Kaliningrader Gouverneur Anton Alichanow hat sich zur Besucherwelle von Deutschen im Kaliningrader Gebiet geäußert. Seine Gedanken sind nachvollziehbar, wenn auch, für den misstrauischen Blogger Erichowitsch, nur schwer verdaulich.
Seit Monaten höre ich bei verschiedensten Gesprächen, dass immer mehr Menschen aus Deutschland auswandern und sich in Kaliningrad, aber auch anderen russischen Regionen, ansiedeln wollen. Konkrete Zahlen werden nicht genannt. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass es sich gegenwärtig noch um keine neue Völkerwanderung handelt.
Das könnte sich aber jetzt, nach den Äußerungen des Kaliningrader Gouverneurs, ändern, denn dieser möchte Deutschen … naja, Russlanddeutschen … er nannte sie Repatriate aus Europa, die Kaliningrader Stadttore öffnen.
Er hatte dabei einen interessanten Ausgangsgedanken.
Das viele Russlanddeutsche, die irgendwann einmal nach Deutschland ausgewandert sind, sich heute wieder mit dem Gedanken tragen, nach Russland zurückzukehren, ist kein Geheimnis. Aber es steht für diese die Frage, wohin man denn konkret will. Zurück in die alte Geburtsstadt, die man vielleicht gar nicht kennt, weil man als Kind mit den Eltern mitgehen musste und keine emotionalen oder sonstigen Bindungen zu dieser Stadt oder Region aufgebaut hat? In die internationale, wilde, laute und teure Hauptstadt Moskau? In das romantische St. Petersburg? Nach Sibirien? Oder nach Kaliningrad – das ja eigentlich irgendwie naja … so Deutsch ist.
Und so kommen jetzt erstmal sogenannte „Gänse-Aufklärer“, wie es der Kaliningrader Gouverneur formulierte, um sich zu den Bedingungen kundig zu machen, die die ins Auge genommenen Städte und Regionen so bieten. Anton Andrejewitsch meinte: “… eine Gans fliegt vor und wenn alles annehmbar ist, kommt der restliche Schwarm nachgeflogen.
Alichanow ärgert es ein bisschen, dass auch andere russische Regionen für diese Rückkehrer attraktiv sind und er meinte, Kaliningrad muss etwas tun, damit die Heimkehrer in Kaliningrad bleiben.
Deshalb verkündete er während einer Regierungssitzung am 29. Dezember 2023, dass es eine Reihe von materiellen, finanziellen und administrativen Unterstützungsleistungen geben wird. Hierzu gehören u.a.:
- Kostenübernahme bis 10.000 Rubel für die Anerkennung von Schul- und Bildungsabschlüssen sowie akademischen Titeln, die im Ausland erworben worden sind.
- Kostenübernahme bis 5.000 Rubel für die erforderlichen medizinischen Untersuchungen bei Wohnsitznahme in Kaliningrad.
- Übernahme von Mietkosten für die ersten sechs Monate bis zu 20.000 Rubel im Monat.
- Einmalzahlung von zwei Summen in Höhe des Existenzminimums für jedes Familienmitglied.
Alichanow schlug vor, diese Zahlungen auch den Personen rückwirkend zu leisten, die bereits in Kaliningrad im Verlaufe der letzten zwei Jahre angekommen sind.
Der Kaliningrader Gouverneur betonte völlig richtig, dass die Mehrzahl der Übersiedler wohl kaum materielle oder finanzielle Hilfe benötigt. Wesentlich wichtiger ist administrative Hilfe. Es muss Leute geben, die zeigen, dass diese Übersiedler für uns wertvoll sind.
Der Kaliningrader Gouverneur Anton Alichanow will für das laufende Jahr 100 Mio. Rubel für die Übersiedler aus Europa zur Verfügung stellen. Es ist richtig, dass alle Übersiedler aus Europa, egal aus welchem Land sie kommen, von den Möglichkeiten profitieren sollen, die Kaliningrad zur Verfügung stellt. Der Gouverneur hat aber beispielhaft besonders Personen hervorgehoben, die aus Deutschland und aus dem Baltikum kommen wollen. Die zuständigen Behörden erhalten sehr viele Anfragen von diesem Personenkreis.
Soweit ich die Äußerungen des Kaliningrader Gouverneurs verstanden habe, geht es ihm in erster Linie um ehemalige Bewohner aus der Sowjetunion oder eben um Russen, die das Land nach 1991 verlassen haben. Was aber ist mit den deutschen Deutschen, die sich auch mit Gedanken der Auswanderung nach Russland tragen? Gibt es solche überhaupt?
Und hier an dieser Stelle fangen meine Bauchschmerzen an.
Meine langjährigen Leser und Zuschauer werden sich an meine ausführliche Berichterstattung zu zwei deutschen Aktivgruppen erinnern, die im „Königsberger Gebiet“ autonome Dörfer für Deutsche errichten wollten. Jahrelang konnten diese Nachfolger der deutschen Revanchisten der 90er Jahre hier an ihren Zielen arbeiten, eine autonome deutsche Diaspora zu organisieren, die man im Bedarfsfall, ähnlich wie damals die Sudetendeutschen – um nur ein Beispiel zu nennen – nutzen kann, um eine notwendige Situation im Kaliningrader Gebiet zu schaffen, die der NATO, mit Deutschland in ihrer Mitte, die Möglichkeit gibt, den armen leidgeprüften autonomen Neu-Königsbergern zu Hilfe zu eilen.
Und so schrillen natürlich bei mir immer die Alarmglocken, wenn ich von weiteren Aktionen höre, wo Deutsche in Massen aus Deutschland nach Kaliningrad auswandern wollen. Überall sehe ich nur die Gefahr, dass in Kaliningrad eine Situation entstehen könnte, die mir meinen ruhigen Kaliningrader Lebensabend in ein unruhiges Königsberger Alltagstrauma verwandeln könnte. Und vermutlich tue ich damit nicht wenigen Deutschen, die wirklich ehrliche Absichten haben, Unrecht.
Allerdings zehre ich auch von eigenen Erfahrungen mit Deutschen, die als Privatperson oder aber auch als Firma nach Kaliningrad umsiedeln wollten. Seit 2012 arbeitet meine Firma auch als Informationsagentur auf diesem Gebiet und bietet Beratungsleistungen an – natürlich auf kommerzieller Basis. Das Ziel war, Deutsche zu beraten, sämtlichen Service für eine Übersiedlung und den Aufbau eines neuen Privatlebens oder aber auch die Gründung einer Firma anzubieten. Leider hat es kaum einer der damaligen Deutschen geschafft, hier wirklich Fuß zu fassen. Nun, es waren andere Zeiten und viele dieser Deutschen sahen sich wohl eher als mehr oder weniger große oder kleine Kolonialherren und dachten, dass man es in der „Bananenregion Königsberg“ einfach haben wird, die minderbemittelten Russen auszutricksen.
Die Zeiten haben sich geändert. Russland ist selbstbewusster geworden und die innenpolitische Situation im Kaliningrader Gebiet lässt mich wesentlich entspannter in die Zukunft schauen, als noch vor zehn Jahren. Die seit 2016 unter Führung des Gouverneurs Anton Alichanow organisierten Strukturen im Kaliningrader Gebiet, haben erreicht, dass man weiß, dass Kaliningrad zwar die geographisch westlichste Region ist, aber auch die Region mit der russisch-föderalen Ordnungsnummer 39 – formulieren wir mal die Thematik der staatlichen Sicherheit des Gebietes etwas verklausuliert.
Und warum willst Du nicht nochmal neu starten und diejenigen deutschen Deutschen beraten, die sich beraten lassen wollen, um in Kaliningrad einen neuen Lebensmittelpunkt zu finden – fragte mich ein russischer Bekannter, mit dem ich mich während der Erarbeitung dieses Beitrages unterhalten hatte.
Ein anderer Bekannter erzählte mir, dass eine große Gruppe Deutscher Ende Januar plant, nach Kaliningrad zu reisen. Es geht um Deutsche, die in Russland einen neuen Lebensmittelpunkt suchen und vielleicht gerne ein Gespräch mit jemanden hätten, der schon in Russland lebt und bereit ist, seine Erfahrungen zu teilen.
Und das brachte mich auf den Gedanken, vielleicht zukünftig eine kleine Gruppe von positiv eingestellten Deutschen zu schaffen, die bereits in Kaliningrad leben und die bereit sind, sich mit anderen Deutschen zu treffen, die Übersiedlungspläne haben. Einen passenden Ort für Informationsgespräche finden wir bestimmt.
Und zum Schluss mein Angebot an die Deutschen, die Ende Januar nach Kaliningrad reisen und sich drei oder vier Tage mit unserer Region bekannt machen wollen. Ich stehe für ein Gespräch zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich über die hier im Video eingeblendete temporäre email-Adresse: office.domizil@gmail.com
Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus der Blockadestadt Kaliningrad.