Frieda befindet sich gegenwärtig in Kaliningrad zur medizinischen Behandlung und zur Rehabilitation. Wie lange wir brauchen, um sie wieder vollständig auf die Beine zu stellen weiß ich nicht. Möglich, dass wir mehr als ein Jahr brauchen werden. Aber Frieda hat nur ein privates Jahresvisum. Wie geht es dann weiter?
Den ständigen privaten Aufenthalt in Russland mit Hilfe des Visa-Systems zu organisieren ist so gut wie nicht möglich. Es gibt einige wenige Möglichkeiten, die aber aufwendig sind. Man sollte sich also um andere Alternativen bemühen, die Russland anbietet, um einen legalen Aufenthalt über 365 Tage im Jahr zu organisieren.
Das ist Frieda in Kaliningrad gelungen und sie schaut mit Optimismus in die Zukunft. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten und die russische Bürokratie fordert ihr Recht.
Frieda ist jetzt verpflichtet, der russischen Steuerbehörde einiges aus ihrem Privatleben mitzuteilen. Damit dies unkompliziert erfolgen kann, braucht Frieda eine Steuernummer. Das kennt Frieda von Deutschland her. Da hatte sie auch eine Steuernummer und hat sich jedes Jahr beim Finanzamt gemeldet, um zu erfahren, ob sie auf ihre Rente Steuern zu zahlen hat. In Russland braucht sie das nicht, denn zum einen bekommt sie keine russische Rente und zum anderen besteuert Russland auch keine ausländischen Renten.
Frieda beantragte also die Steuernummer über eines der vielen Bürger-Service-Zentren in Kaliningrad und erhielt diese nach zwei Tagen. Mit dieser Steuernummer könnte sie sich nun ein Kabinett bei „GosUslugi“, dem riesigen russischen staatlichen Dienstleistungsportal oder direkt bei der Steuerbehörde einrichten. Aber hierzu muss sie immer persönlich bei den Behörden erscheinen und Frieda meint, dass ihr das schwer falle und sie sowieso nicht versteht, was da alles erzählt wird.
„Warum kannst Du das eigentlich nicht für mich machen? Du hast doch eine russische Generalvollmacht für mich!“ – fragte mich Frieda.
Eine gute Frage, fand ich auch. Ich hatte diese Frage schon bei den entsprechenden Behörden gestellt und die meinten: „Geht nicht. Notarielle Generalvollmacht erkennen wir nicht an. Nur persönliches Erscheinen zählt.“ Tja, so haben wir uns entschlossen, auf die moderne Technik für Frieda zu verzichten und machen alles in Handarbeit.
Aber was muss Frieda nun tun, nachdem sie die INN, also die Steuernummer hat?
Sie muss als erstes die Kaliningrader Steuerbehörde in Kenntnis setzen, dass sie ein Konto in Deutschland hat. Dafür gibt es einen Vordruck. Die paar geforderten Angaben sind schnell eingetippt … gefaltet, in einen Umschlag und ab zur Post.
Dann hat Frieda ein wenig Zeit, denn der nächste Stichtag ist der 1. Juni 2024. Bis zu diesem Datum muss sie die Kontobewegungen auf ihrem Konto melden. Auch dafür gibt es einen Vordruck. Direkt über die Internetseite der Steuerbehörde wäre dies natürlich einfacher – aber …
Noch bis vor einem Jahr gab es zwischen Russland und Deutschland und mindestens weiteren 99 Staaten einen vertraglich vereinbarten Datenabgleich der Banken. Es ging um Vermeidung von Steuerhinterziehung, Schwarzgeld usw. Deutschland hat diesen Vertrag mit Russland gekündigt. Trotzdem es keine Kontrollmöglichkeiten für den russischen Staat mehr gibt, hat niemand das russische Gesetz außer Kraft gesetzt und es ist natürlich ratsam, dieses Gesetz auch weiterhin zu erfüllen, denn der russische Staat wird sich revanchieren, wenn er merkt, dass er von Ausländern, die Gastrecht genießen, betrogen wird. Zwei Gesetzesverstöße reichen aus, um dem Ausländer den Aufenthaltstitel zu entziehen und ihn zu bitten, das Land zu verlassen.
Aber die russische Steuerbehörde hat sich noch weitere Dinge einfallen lassen, um die Ehrlichkeit der Steuerpflichtigen in Russland zu kontrollieren. Das, was ich bisher geschrieben habe, ist eigentlich nichts Neues und die überwiegende Mehrzahl derjenigen Ausländer, die in Russland wohnen, kennen das alles und erfüllen auch die gesetzlichen Forderungen.
So interessiert sich die Steuerbehörde jetzt auch dafür, ob der Steuerpflichtige eine zweite Staatsbürgerschaft hat oder die Aufenthaltsgenehmigung eines anderen Staates. Die neuen Vordrucke, die die Steuerbehörde für verschiedenste Dinge ausgibt, stellen jetzt diese Fragen. Gleichzeitig will die Steuerbehörde Kopien aller Seiten des Reisepasses, will wissen, wieviel Tage der Steuerpflichtige sich im Ausland aufgehalten hat.
Die Überlegungen der Steuerbehörde gehen dahin, dass, wenn jemand ins Ausland reist, er dort auch Geld braucht. Die Vermutung liegt nahe, dass er dort auch ein Konto hat. Wenn der Steuerpflichtige seine Konten gemeldet hat, hat er Ruhe. Wenn nicht, wird er zu einem klärenden Gespräch vorgeladen. Und das verläuft dann in der Regel nicht zugunsten des Steuerpflichtigen.
Natürlich interessiert es die Steuerbehörde auch, wie dieses Konto mit Geld aufgefüllt wird. Aus Russland Geld zu überweisen oder in Cash mitzunehmen ist jetzt nicht real, sogar gefährlich. Also wird das Konto aus irgendwelchen Einnahmen, die der Steuerpflichtige im Ausland hat, aufgefüllt – z.B. durch Mietzahlungen für Wohnungen oder Häuser, die der russische Steuerresident im Ausland hat und dort vermietet. Wenn dem so ist, so muss er dafür in Russland Steuern zahlen – 13 Prozent, vielleicht aber auch mehr.
Ein russischer Steuerpflichtiger zahlt Einkommenssteuer von 13-15 Prozent. Sieht die Steuerbehörde, dass der Steuerpflichtige mehr als 183 Tage außerhalb Russlands war, so hat er 30 Prozent Steuern zu zahlen, denn er erhält damit den Status Nichtresident. Wie lange der Steuerpflichtige im Ausland war, sieht die Steuerinspektion an Hand der Passkopien. Sie könnte natürlich, was Ausländer anbelangt, die in Russland mit Aufenthaltsgenehmigung leben, auch im Migrationsdienst nachfragen, denn da muss der Ausländer bereits melden, wie lange er sich außerhalb Russlands aufgehalten hat. Und Gnade Gott, wenn sich herausstellt, dass der Ausländer die Jahresmeldung an die Migrationsbehörde nicht vorgenommen hat. Dann wird es eng, sehr eng im größten Land der Erde.
Allerdings sind die Strafen, die die Steuerbehörde verhängt, wenn ein Steuerresident der Meldepflicht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt, nicht motivierend für die Förderung der Gesetzestreue. Die höchste Strafe beläuft sich auf 5.000 Rubel, also rund 50 Euro. Für denjenigen, der sich ein Auslandskonto leisten kann, ist dies bestimmt keine Finanzkatastrophe.
Frieda hat bereits den Vordruck ausgefüllt, um der russischen Steuerbehörde im neuen Jahr die Kontobewegungen auf ihrem Konto in Deutschland zu melden. Sie will nicht bis zum 1. Juni warten, sondern erledigt das, zusammen mit Erichowitsch, schon im Januar 2024, gleich nach den Feiertagen.
Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus der Blockadestadt Kaliningrad.