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Baltische Welle

Interessante Kleinigkeiten für Deutsche in Russland

Frieda in Kaliningrad hat sich eingelebt. Es läuft jetzt alles seinen ganz normalen, nicht mehr hektischen Gang. Aber es sind noch nicht alle Probleme in Deutschland geklärt. Und hier können einem manchmal die Haare zu Berge stehen.

Sie erinnern sich, dass ich vor einigen Wochen einen Notar suchte, der vielleicht ein paar Tage Urlaub in Kaliningrad macht und in seinem Gepäck Kugelschreiber und Notarstempel mitbringen könnte, um eine kleine bürokratische Formalität zu erledigen?

Mit der Notarsuche hatte ich begonnen, nachdem meine 94jährige, mobilitätseingeschränkte Mutter vom Generalkonsulat in St. Petersburg, welches jetzt für den Amtsbezirk Kaliningrad zuständig ist, keine Antwort auf eine Anfrage per email bekommen hat. Frieda erhielt eine automatische Antwort, dass die Anfrage eingegangen ist – mehr aber auch nicht. Der Name „Niemeier“ scheint in allen diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in der Russischen Föderation, nicht motivierend auf Problemlösungen zu wirken.

Mein Geschäftspartner in Kaliningrad wiederholte seinen stereotypen Satz: „Wir haben keine Probleme, wir haben nur Fragen, auf die wir eine Antwort finden müssen.“

Und so machte ich mich auf die Suche nach einem Notar.

Ich fand insgesamt drei Notare.

Ein deutscher Notar, der in Kaliningrad in gewissen Kreisen sehr bekannt ist, meinte im Schriftverkehr mit mir, dass er unter den gegebenen politischen Bedingungen nicht nach „Königsberg“ reisen kann. Er befürchtet Schlimmes für sich. Aber, selbst wenn er nach „Königsberg“ kommen würde, dürfte er keine notariellen Handlungen vornehmen, da er nur in dem Kreis arbeiten darf, in dem er seine Zulassung hat.

Ich bin dem Notar sehr dankbar für seine Antwort – er hat wenigstens geantwortet, sogar mehrmals und dies, trotzdem wir ideologisch in völlig unterschiedlichen Welten leben. Mit seiner Antwort hat er mich schlauer gemacht, denn ich dachte bisher, dass ein deutscher Notar da arbeiten kann, wo Arbeit anfällt. Dem ist nicht so.

Ein zweiter Notar wurde mir durch Bekanntschaft vermittelt. Eine sehr einflussreiche Persönlichkeit, der meinte, dass mein Problem kein Problem ist. Er würde sich kümmern, für meine Mutter eine vertretbare Lösung zu finden. Er informierte mich, dass es durchaus möglich ist, gewisse notarielle Dinge auch von einem russischen Notar vornehmen zu lassen. Deutsche Behörden erkennen diese Tätigkeit an.

Dann gab es einen dritten Notar, welcher in dem für meine Mutter zuständigen Bereich in der BRD arbeitet. Er hat die praktische Arbeit übernommen. Auch er bestätigte mir, dass russische Notare und Anwälte deutsche Interessen wahrnehmen können und diese auch in Deutschland von den Behörden anerkannt werden. Er ergänzte: „Noch werden diese Handlungen anerkannt.“

Nachdem ich von dem deutschen Notar den formlosen Vordruck per email übersandt bekommen hatte, wurde dieses Dokument durch ein offizielles Übersetzungsbüro „russifiziert“. Ein russischer Notar befragte meine Mutter über einen vereidigten Dolmetscher (als Betroffener darf nicht übersetzen), ob sie mit dem Inhalt einverstanden ist. Meine Mutter bestätigte dies durch ihre Unterschrift. Die Notarin bestätigte die Echtheit der Unterschrift.

Danach ging ich mit diesem notariell beglaubigten Dokument zum russischen Justizministerium. Wir haben in Kaliningrad eine Außenstelle des Ministeriums. Dort wurde ich sehr freundlich empfangen und innerhalb von drei Tagen erhielt ich die Apostille, also die staatliche Bestätigung der Echtheit des notariell ausgefertigten Dokumentes.

Danach ging das Dokumentenpaket nochmals zum vereidigten Übersetzungsbüro, wo alles wieder in die Originalsprache zurückübersetzt wurde.

Nach der Übersetzung wurde das Dokumentenpaket wieder der russischen Notarin übergeben, die die Korrektheit aller Übersetzungen, incl. der Übersetzung der Apostille, beglaubigte.

In Deutschland hatte der deutsche Notar sich bereits um alles gekümmert und das Signal von der zuständigen deutschen Behörde erhalten, dass man das russische Dokumentenpaket anerkennen wird. Es dauerte nur drei Tage, bis die deutsche Behörde die Korrekturen in ihren Dokumenten vorgenommen hatte. Wie man sieht, arbeiten nicht alle deutschen Behörden so inaktiv, wie das deutsche Generalkonsulat in St. Petersburg, von dem ich bis heute keinerlei Antwort erhalten habe.

Natürlich liegt der Ausgangsfehler für diese Angelegenheit bei mir.

Bei der Reise meiner Mutter von Deutschland nach Kaliningrad war viel zu organisieren und zu beachten. Eine Kleinigkeit – in Deutschland ist dies wirklich eine Kleinigkeit – hatte ich aber übersehen und das böse Erwachen kam in Kaliningrad, wo sich gleichzeitig noch mehrere andere Schwierigkeiten zeitgleich auftaten, deren Lösung einiges an Nerven kostete.

Sollten andere Deutsche in Russland notarielle oder rechtsanwaltliche Leistungen für deutsche Behörden benötigen, so gibt es also zwei Möglichkeiten:

1. Die diplomatischen Vertretungen der BRD in Russland sind hierfür zuständig. Meine Erfahrungen mit einer dieser Vertretungen in Russland habe ich soeben vermittelt. Ungeachtet dessen ist diese Behörde – natürlich gegen Gebühr – verpflichtet, das Anliegen deutscher Staatsbürger zu bearbeiten. In Russland gibt es gegenwärtig noch die Botschaft in Moskau, ein Generalkonsulat in St. Petersburg und in den Städten Kasan, Saratow und Wladiwostok einen Honorarkonsul.

2. Sie können die Leistungen russischer Notare/Rechtsanwälte nutzen, benötigen aber unter dem jeweiligen Dokument eine Apostille. Je nachdem, um welches Dokument es sich handelt, wird diese Apostille vom Justizministerium, dem Außenministerium, dem Innenministerium ausgestellt.

Verschwenden Sie keine Zeit mit der Überlegung, Ihre Probleme über andere diplomatische Vertretungen aus den EU-Mitgliedsstaaten zu klären. Diese fühlen sich nicht für die Probleme der Bürger anderer Mitgliedsländer zuständig – zumindest ist dies so in Litauen und Polen.

Bei der Gelegenheit besten Dank an all diejenigen, die versucht haben, mir in der Angelegenheit zu helfen. Ich bin in vielen Fragen jetzt schlauer – dank der Inaktivität des deutschen Generalkonsulats in St. Petersburg. Hätte dies geantwortet, hätte man das Thema innerhalb einer halben Stunde erledigen können, ich aber hätte nicht die Erfahrungen gesammelt, die ich Ihnen soeben vermitteln konnte.

Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.