Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu treffen und Gespräche zu führen. In Russland ist es üblich, dass man sich in der Küche trifft. Auch ich sitze mit meinen Gästen in der Küche. Aber es gibt Ausnahmen und wir sitzen neben einem Kamin – auch zu hitzigen Zeiten, und versuchen mit kühlem Kopf Gedanken auszutauschen.
In der letzten Zeit habe ich mit Sicherheit eine Reihe meiner russischen Bekannten ein wenig vor den Kopf gestoßen, als ich ihnen erklärte, dass ich keine Zeit habe, um Gespräche am Kamin zu führen. Ich setzte andere Prioritäten und die Organisation der nächsten 94 Jahre glücklichen Lebens für meine Mutter in Kaliningrad war mir wichtiger. Nicht allen erzählte ich, dass ich meine Mutter zu mir geholt habe, so dass einige auch ein wenig mit Unverständnis auf meinen „Rückzug“ reagierten.
Nun ist es in Kaliningrad allgemein bekannt, dass „Frieda in Kaliningrad“ ist und man muss sich nicht wundern, wenn mir jemand plötzlich auf die Schulter klopft und fragt: „Kak dela, kak Mama?“ Dass hört sich für deutsche Ohren etwas fäkalistisch an, aber bedeutet nichts anderes als: „Wie geht’s, was macht Mama?“
Und wenn ich dann begeistert berichte, dass alles besser klappt, als ich dachte und Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, bleibt es nicht aus, dass Bekannte meinen, dass man sich doch mal wieder am Kamin treffen könnte und über dieses und jenes schwatzen müsste. Es ist ja viel passiert – nicht nur in Russland, sondern auch in Deutschland.
Einem Besucher, der vor kurzem bei mir war und der sich mit mir über Innenpolitik in Deutschland unterhalten wollte, erklärte ich, dass ich mich da überhaupt nicht mehr auskenne und dass mir die Innenpolitik Deutschlands völlig am … vorbeigeht. Mich interessiert die Außenpolitik Deutschlands, wenn sie im Zusammenhang mit Russland steht.
Aber viele meiner Gesprächspartner kennen mich ziemlich gut und wissen, wie sie mich locken können und man fragte mich, was ich denn von der AfD und deren Höhenflug halte, der kein Ende zu nehmen scheint.
Natürlich weiß ich, dass eine solche Partei existiert. In den ersten Monaten, nachdem die Partei gegründet wurde, hatte ich Interesse, da sich in dieser Partei Persönlichkeiten engagierten, die ich aus der deutschen Wirtschaft und Politik kannte und achtete. Aber dann begannen, wie so häufig bei neuen Parteien, innerparteiliche Querelen und ich verlor das Interesse, nachdem viele bekannte Namen die Partei wieder verlassen hatten. Ich machte mir keine Gedanken, ob eventuell diese innerparteilichen Querelen „fremdorganisiert“ worden sind, vielleicht durch Provokateure aus den Altparteien, mit dem Ziel, diesen neuen, anscheinend nicht von den USA organisierten Politkonkurrenten, so schnell wie möglich zu beseitigen.
Ich erinnere mich an einige andere Neugründungen von Parteien nach 1990, die alle ziemlich schnell wieder von der Bildfläche verschwunden sind … immer durch innerparteiliche Querelen – die „Piraten“, die „Schill-Partei“. Eine Ausnahme bildeten die Grünen. Die gründeten sich bereits im Jahre 1980 und hatten sofort riesige Erfolge eingefahren – heute wissen wir warum, wenn wir schauen, wo und mit wem die führenden Persönlichkeiten dieser Partei ihre Zeit verbracht haben.
Dann erzählte ich meinem Bekannten, dass ich doch ein wenig Angst habe, mich mit der AfD zu beschäftigen, denn die ist ja rechtslastig, fast hätte ich faschistisch gesagt.
Mein russischer Bekannter schaute mich an und fragte: „Woher wissen Sie denn das, dass die rechtslastig sind?“
Tja, woher weiß ich das? Ich weiß das, weil es die deutschen Medien berichten. Und trotzdem ich eine mehr als kritische Einstellung zu den deutschen Medien habe, glaube ich diesen ausgerechnet in diesem Punkt!
Finden Sie das nicht merkwürdig – fragte mich mein Besucher am Kamin?
Naja, meinte ich. Der Chef des deutschen Verfassungsschutzes hat sogar Untersuchungen gegen die Partei eingeleitet und offiziell festgestellt, dass diese verdächtig ist, nicht auf der Grundlage des Grundgesetzes zu stehen.
Sie meinen den Chef des Verfassungsschutzes, der Mitglied der CDU ist? Finden Sie es nicht merkwürdig, dass ausgerechnet ein CDU-Mann Ermittlungen gegen die Partei einleitet, die der größte Konkurrent seiner Partei geworden ist. Meinen Sie nicht, dass man dies sogar als Amtsmissbrauch bezeichnen könnte?
Finden Sie es nicht ungeheuerlich, dass eine Partei, die im Rahmen demokratischer Wahlen in den Bundestag und in viele Landesparlamente gewählt wurde, heute durch die Konkurrenzparteien diskreditiert und ins politische AUS gestellt wird … das damit die Wähler dieser Partei aus der „demokratischen Gesellschaft“ Deutschlands ausgeschlossen und indirekt als NAZIs eingestuft werden?
Die Mitglieder der sogenannten Altparteien, sprich CDU/CSU, SPD, FDP, Die Grünen haben überall in der Bundesrepublik zentrale Machtpositionen besetzt und nutzen diese jetzt, um gegen die AfD vorzugehen. Da die AfD mit allen Mitteln von diesen Machtfunktionen ferngehalten wird, hat es die Partei natürlich erheblich schwieriger, ihre Stellung in der Gesellschaft zu verteidigen und sich zu entwickeln. Die Altparteien haben alle Instrumente in der Hand, um neue Konkurrenz zu verhindern. Ziel ist, am Status Quo nichts zu verändern und eine Souveränität Deutschlands zu verhindern. Die Transatlantische Brücke funktioniert perfekt – meinte mein Besucher.
Wir redeten noch lange, sehr lange. Er fragte mich plötzlich: Haben Sie eigentlich mal das Grundsatzprogramm der AfD gelesen?
Nein, hatte ich nicht. Ich hatte in jüngeren Jahren das Statut der SED fast auswendig gekannt. Damit war dann eigentlich nach 1990 mein Bedarf an Parteidokumenten für den Rest meines Lebens gedeckt.
Mein Bekannter empfahl mir, das Programm trotzdem durchzulesen und nach rechtslastigen Formulierungen oder nach Punkten zu suchen, wo die AfD einen Sturz der grundgesetzlichen Ordnung in Deutschland plant.
Ich habe in der Zwischenzeit das Programm gelesen. Man braucht dafür nicht viel Zeit – eine Stunde, bei einer Tasse Kaffee. Ich habe keinen einzigen Punkt gefunden, wo ich die Stirn gerunzelt habe und wo meine Voreingenommenheit bestätigt wurde, dass die Partei rechtslastig oder nazistisch ist. Ich habe aber ausreichend Punkte gefunden, wo sich die Partei national positioniert und verkündet, dass man sich für den Wohlstand Deutschlands und seiner Bürger einsetzen und Fehlentwicklungen der letzten Jahre korrigieren will. Ich weiß nun, dass die AfD nicht rechtslastig ist und ich werde auch aufmerksam hinhören, wenn einzelne AfD-Politiker etwas sagen und die deutschen Medien vielleicht diese Äußerungen tendenziös zitieren.
Tja, schade, dass ich in Deutschland als ExilDeutscher nicht mehr wählen darf. Die jetzigen Alt- und Regierungsparteien haben ein Gesetz erlassen, welches dem Grundgesetz widerspricht und das mich von Wahlen in der BRD ausschließt. Ich würde die AfD wählen. Und wenn sich noch weitere 51 Prozent der Deutschen dazu entschließen könnten, hätte Deutschland endlich die Chance, eine souveräne Entwicklung zu nehmen.
Ach, als ich diesen Artikel vorbereitete und mich noch ein wenig im Internet kundig machte, fand ich noch eine neue Partei, die im vergangenen Jahr gegründet wurde: „Bündnis Deutschland“. Bevor hier die Altparteien wieder anfangen zu geifern und zu giften, werde ich versuchen, mich möglichst schnell mit den Grundsatzdokumenten dieser Partei vertraut zu machen, damit ich mich nicht nochmal so irre, wie bei der AfD.
Das „Bündnis Deutschland“ – soweit habe ich mich schon eingearbeitet, sammelt ehemalige Mitglieder der Altparteien, die diese verlassen haben, aber auch nicht wenige AfD-Mitglieder haben zu dieser Partei gewechselt. Innerhalb von weniger als einem Jahr, hat die Partei schon bemerkenswerte Erfolge vorzuweisen. Sie positioniert sich als liberal-konservativ. Schaut man auf die wichtigsten Grundziele, die die Partei bereits formuliert hat, so stellt man fest, dass sie mit ihren Ansichten nicht sehr weit entfernt zur AfD ist. Mit ein wenig Vernunft und Glück, könnten AfD und Bündnis Deutschland vielleicht 50,1 Prozent bekommen, bei den Wahlen, die vielleicht noch in diesem Jahr organisiert werden müssen.
Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.