Найти тему
Baltische Welle

Saunagespräch: Blockade der blockierten Region Kaliningrad

Gespräche in einer russischen Sauna sind vermutlich zu vergleichen mit Gesprächen an einem deutschen Stammtisch. Während der Russe deutsches Bier kennt, kennen nur wenige Deutsche eine russische Sauna. Ich möchte Sie an den Gesprächen teilhaben lassen, die dort jeden Morgen, mehr oder weniger hitzig, geführt werden.

Die Zeit ist nicht ganz einfach. Die Übersiedlung meiner Mutter von Deutschland nach Russland nimmt nicht wenig Zeit in Anspruch und einiges musste somit in den vergangenen Wochen und Monaten in den Hintergrund treten – es gab Wichtigeres.

Auch meine Besuche im „Informationszentrum Nord“, dem Fitnessclub Albatros, mit seiner Sauna wurden weniger – einerseits durch meine Aufenthalte in Deutschland, andererseits durch die Erfordernisse zur Organisation des neuen Lebens von „Frieda in Kaliningrad“.

Nun zeigt sich langsam das berühmte Lichtlein am Ende des Tunnels. Die Besuche in der Sauna werden wieder regelmäßiger. Die Diskussionen sind weiterhin heiß, manchmal heißer als die Sauna selber. Da hat es unser kleines Kollektiv geschafft, die Mindesttemperaturen von 90 Grad stabil einzufordern.

Das Sauna-Kollektiv ist nicht nur personell stabil geblieben, sondern hat sich auch in seinen Ansichten gefestigt. Die Russland-Fans sind immer noch Russland-Fans und diejenigen, die bisher kritisch über ihr Vaterland und seinen Präsidenten diskutiert hatten, diskutieren weniger kritisch und nähern sich der Meinung der Russland-Putin-Fans an. Selbst unser Liberalissimus ist bedeutend ruhiger geworden und zeigt für die aktuelle Situation in seinem Vaterland mehr Verständnis – wenn auch nicht immer. Man sieht also, die Sanktionen zeigen Wirkung, wenn auch nicht so, wie es sich die antirussische Staatengemeinschaft wünscht: Die Russland-Putin-Fans werden nicht weniger und die, die früher kritisch eingestellt waren, werden weniger – ein tolles Ergebnis der gesellschaftlichen Entwicklung in Kaliningrad … naja, zumindest in unserer Sauna.

Eine unserer Diskussionen in den letzten Tagen ging um die neuesten Sanktionen gegen russische Staatsbürger und eng damit im Zusammenhang stehend, die Blockade des Kaliningrader Gebietes.

Nachdem nun eigentlich alle Nachbarstaaten Russlands die Einreise von Fahrzeugen mit russischem Nummernschild verboten haben, stand die Frage, wann denn der nächste Schritt erfolgt – die vollständige Blockade Russlands, also auch des Kaliningrader Gebietes. Die bisherigen Sanktionen haben ja keinerlei Wirkung gezeigt – das Volk ist nicht auf die Barrikaden gegangen und hat den Präsidenten oder doch zumindest die Regierung gestürzt – ganz im Gegenteil, die Popularität von Putin wächst und wächst im Land.

An sich waren sich in der Sauna alle mehr oder weniger einig, dass die Schließung aller Grenzübergänge zum Kaliningrader Gebiet noch in diesem Jahr zu erwarten ist. So richtig aufgeregt hat das niemanden – wahrscheinlich will auch niemand mehr Richtung Feindstaaten fahren. Zum anderen ist die Chance, für die Feindstaaten ein Visum zu bekommen sehr gering.

Ein Sauna-Besucher berichtete, welche Anweisungen die Visazentren für Entgegennahme von Visaanträgen durch Deutschland erhalten haben. Maximal zehn Antragsteller pro Tag. Und von diesen Visaanträgen, die angenommen werden, wird mindestens die Hälfte abgelehnt – mit irgendwelchen ausgedachten Gründen. Die, die Visa erhalten, können aber häufig nicht reisen, weil sie einfach nicht wissen, wie sie das Land verlassen sollen.

Es gibt einige Kluge, die besorgen sich spanische oder französische Visa um nach Deutschland zu kommen. Ja, das kann man machen, sollte aber berücksichtigen, dass man dann auch zuerst nach Spanien oder Frankreich reist, denn der deutsche Grenzbeamte wird ganz bestimmt keinen Russen passieren lassen, der nicht zuerst das Land bereist hat, welches ihm das Visum gegeben hat. Aber nicht alle Russen haben ausreichend Geld, um durch die halbe Welt zu reisen, um dann im russophoben Deutschland ein paar Einkäufe zu erledigen, die sie häufig dann auch nicht ausführen dürfen, weil die Sanktionen dies verbieten.

Somit regt also der Gedanke einer völligen Blockade des Kaliningrader Gebietes niemanden wirklich auf. Man rechnet damit und stellt sich darauf ein – es wird sich nicht viel ändern im Leben der Blockadebevölkerung – was die Reisetätigkeit anbelangt.

Diskutiert wurde auch noch über mögliche Reaktionen Russlands. Welche Reaktionen Russlands könnte es geben?

Einige in der Sauna-Runde meinten, dass es immer noch den Transitverkehr mit Litauen gäbe. Der wird durch internationale Verträge gesichert. Dem wurde aber sofort heftig widersprochen. Der Westen hält sich an keinerlei Verträge und es reicht eine kleine Provokation – z.B. findet man eine Waffe im Auto eines Transit-Russen, um den Vertrag aus Sicherheitsgründen zu kippen.

Der Kaliningrader Gouverneur Alichanow informierte vor ein paar Tagen, dass russische Unternehmer zwei Passagier- und Frachtfähren gekauft haben, um diese auf der Strecke Russland-Russland einzusetzen. Die werden im Januar wohl einsatzbereit sein. Eintreffen sollen sie im Oktober in Kaliningrad. Das ist angenehm zu lesen, aber löst das Problem natürlich nicht generell.

Die Flugverbindungen sind gewaltig ausgebaut worden. Der Flugverkehr zwischen Kaliningrad und Moskau sowie St. Petersburg ist sehr intensiv – aber sicher noch ausbaufähig.

Aber niemand kann die Frage beantworten, ob bei einer Komplettblockade die Flug- und Seeverbindungen ausreichen, um die Versorgung des Kaliningrader Gebietes mit allem Lebensnotwendigen zu garantieren.

Somit waren wir uns in der Sauna in den weiteren Schlussfolgerungen im wesentlichen einig.

Die Flotte der Passagier- und Frachtfähren muss erheblich ausgebaut werden – man sprach von Verdoppelung der Schiffe – also 40 Fähren mindestens. Und natürlich auch der Ausbau der Flugverbindungen – hierbei weniger für Passagiere, als mehr für Frachten. Sicherlich wird man hierfür dann auch militärischen Einrichtungen im Kaliningrader Gebiet nutzen müssen.

Und es gab noch eine wichtige Meinung in unserer Sauna-Runde. Wenn es um das Leben der russischen Bevölkerung in Kaliningrad geht, wird Russland kein zweites Leningrad (1941-1943) zulassen. Man wird das Überleben von einer Million Menschen, wenn nötig, militärisch erzwingen – wir waren uns da fast alle einig. Und wenn dem so ist, so sollte sich die antirussische Staatengemeinschaft jeden weiteren Schritt gegen das Kaliningrader Gebiet genau überlegen, denn es könnte der Schritt über die Rote Linie sein. Die Folgen eines solchen Schrittes sollten nicht von russophoben Politikern beurteilt werden, sondern von erfahrenen europäischen Militärs, die mit kühlem Kopf den Hitzköpfen in den europäischen Regierungen mit ihren Ratschlägen Abkühlung verschaffen.

Autor des Beitrages ist „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.