Wer die Posts und Kommentare auf Facebook und Twitter zum Thema Flüchtlinge liest, kann Gänsehaut bekommen. Aus vielen spricht nicht Skepsis, nicht Angst. Sondern Menschenhass.
Forscher der britischen University of Warwick haben nun Hinweise gefunden, dass das verbale digitale Wüten ganz reale Folgen hat.
Dazu haben sich die Wissenschaftler das Treiben der AfD auf Facebookangesehen. Und die Attacken auf Flüchtlinge in der Realität.
► Sie schreiben: “Wir haben herausgefunden, dass gegen Flüchtlinge gerichtete Hasskriminalität mit größerer Wahrscheinlichkeit in Gegenden auftritt, in denen die Menschen viele gegen Flüchtlinge gerichtete Hassposts lesen.”
Kausalzusammenhänge schwierig zu belegen
“Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es ohne flüchtlingskritische Posts auf der AfD-Facebookseite 13 Prozent weniger gegen Flüchtlinge gerichtete Vorfälle gegeben hätte.”
Ähnliche Effekte beobachten sie in den USA. Wenn US-Präsident Donald Trump auf Twitter Minderheiten attackiere, seien Übergriffe auf diese Minderheiten wahrscheinlich.
Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Lesen von Hassposts und Übergriffen auf Flüchtlinge ist wissenschaftlich nur schwer zu belegen. Das liegt nicht am Design der Studie, sondern ist ein weit verbreitetes Problem in den Sozialwissenschaften.
Deswegen versuchen Forscher, Zufallseffekte auszuschließen und Hinweise auf tatsächliche Zusammenhänge zu finden.
Schlechte Internetverbindung bedeutet weniger Hass im Netz
Einige Erkenntnisse Studienautoren legen denn auch nahe, dass die beschriebenen Zusammenhänge weit mehr als zufällig sind:
► So beeinflusste die Nachrichtenlage an sich das Geschehen nicht.
► Und in Orten, in denen die Internetverbindung zeitweise mies war, gingen auch die Übergriffe zurück. Schon bei einem Verbindungsausfall von einem Tag seien die vermuteten Social-Media-Effekte komplett verschwunden.
Die Forscher haben für ihre Studie die Daten von 4466 deutschen Kommunen über 111 Wochen ausgewertet, beginnend im Januar 2015.
Die AfD ist in den sozialen Netzwerken extrem aktiv. Täglich verbreitet sie neue, meist charakteristisch mit Logo und blauem Hintergrund gestaltete Posts mit aggressiver Rhetorik – immer wieder auch mit falschen Fakten.
Islamhass gehört bei ihr zum Programm.
Studie als Argument für Maas’ NetzDG?
Die Studie legt nahe, wie wichtig es ist, dass insbesondere Plattformbetreiber wie Facebook Hass-Postings und Falschmeldungen schnell löschen.
Denn Social-Media-Nutzer geraten, auch aufgrund der Funktionsweise von Netzwerken wie Facebook und Twitter, leicht in eine Filterblase, in die nur eindringt, was die bereits vorhandene eigene Meinung noch weiter festigt.
► Gegenargumentationen kommen nicht einmal technisch an. Und selbst wenn sie es tun, bewirken sie in den seltensten Fällen einen Gesinnungswandel.
Vor dem Hintergrund der Studie ist das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das Anbieter wie Facebook zwingt, strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen, ein nützliches Werkzeug im Kampf gegen Gewalt.